„Es gibt keine „gute“ Art, eine schlechte Nachricht zu überbringen, selbst wenn manche weniger vernichtend sind als andere, und derjenige, der sie verkündet, ist immer ein Unglücksbote, der unwiederbringlich mit dem Unheil, das sie beinhaltet, verbunden bleibt. Oft stellt die Mitteilung einer Krebsdiagnose ein traumatisches Erlebnis dar. Die vorausgehende Ungewissheit ist quälend, doch wenn die Worte ausgesprochen werden, bleibt die Zeit stehen, und der Betroffene verfällt in eine Schockstarre. Einerseits setzt die Mitteilung der Ungewissheit ein Ende, andererseits drückt sie den kommenden Jahren einen unauslöschlichen Stempel auf. Die Zukunft wird plötzlich unvorstellbar.

Dr. Isabelle Moley-Massol, Psychoanalytikerin und Psychoonkologische Therapeutin – Paris

 

Die Bekanntgabe einer schlechten Nachricht gegenüber der Patientin, wie in unserem Fall die Mitteilung der Brustkrebsdiagnose, versetzt den Arzt in eine heikle Position. Doch dasselbe gilt für die Patientin, deren Lebensgeschichte und Zukunftsperspektiven sich durch die Mitteilung radikal verändern werden.

 

Mitteilen bedeutet „ankündigen“, „wissen lassen“, dass etwas existiert und/oder geschehen wird. Es ist mehr als eine bloße Information, und es geht nicht nur um eine „Erklärung“, sondern um die Vermittlung eines komplexen Zusammenhangs. Es bedeutet, sich gemeinsam mit der Patientin auf den Weg zur Anerkennung ihrer Brustkrebserkrankung zu machen.

Die Mitteilung setzt auch der Zeit der Ungewissheit ein Ende. Sie bietet die Möglichkeit, die Krankheit beim Namen zu nennen.

Diese Neuigkeit wird nicht die einzige bleiben. Während der gesamten Behandlungsphase wird nach jedem entscheidenden Schritt des Krankheitsverlaufs (Diagnose, Behandlungen, Heilung, Remission, eventueller Rückfall…) eine Neuigkeit die andere ablösen.

 

Die Auswirkung der Mitteilung

Die Nachricht wird von der Betroffenen als Katastrophe erlebt und löst ein schweres psychisches Trauma aus. In den meisten Fällen nimmt die Patientin nur einen kleinen Teil des Gesagten wahr. Diesen Zustand bezeichnet man als Schockstarre.

Es ist normal, dass manche Patientinnen angesichts dieser Situation unwillkürlich Abwehrmechanismen entwickeln.
Die Patientin kann eine der nachfolgend erläuterten Verhaltensweisen annehmen. Es kann auch sein, dass sie im Lauf der Zeit von einer Verhaltensweise zur anderen wechselt.

Die HAS (oberste Gesundheitsbehörde in Frankreich) zählt fünf Abwehrmechanismen auf, die bei der Diagnosemitteilung zu beobachten sind:

  • Abspaltung: Die emotionale Komponente wird von der Vorstellung, mit der sie verknüpft ist, abgekoppelt. Das ermöglicht dem Betroffenen, die Ereignisse zu erörtern, ohne die Kontrolle zu verlieren.
  • Verlagerung: Die emotionale Komponente wird von einer Vorstellung auf eine andere, die in der Regel weniger bedrohlich ist, verlagert. In diesem Fall ist der Patient nicht in der Lage, direkt über die erlebte Situation zu sprechen, weil sie zu beängstigend ist. Er spricht auf Umwegen von seiner Angst.
  • Die aggressive Projektion: Die Angst wird in Form von Aggressivität auf das Umfeld projiziert, meistens auf den Arzt oder das Pflegepersonal.
  • Der Rückzug: Er ermöglicht dem Patienten, die Ereignisse nicht selbst verarbeiten zu müssen, sondern sie einem anderen zu überlassen. In diesem Fall antwortet der Angehörige anstelle des Patienten selbst.
  • Die Leugnung: Der Patient tut so, als wäre ihm nichts mitgeteilt worden. Die Leugnung stellt sich ein, wenn die Angst so groß ist, dass der Patient nicht damit umgehen kann, und in der Regel besteht sie nur teilweise und ist vorübergehend.

 

Die Diagnosemitteilung

Für die Mitteilung einer schlechten Nachricht gibt es kein Patentrezept. Dennoch betonen die Best-Practice-Empfehlungen 3 Bedingungen, auf deren Einhaltung die Patientin Anspruch hat, damit die Mitteilung dieser Nachricht bestmöglich vollzogen wird.

  1. Die Zeit: Das Gespräch darf nicht zu eng getaktet werden. Der Arzt und das Pflegepersonal müssen viel Zeit mitbringen. Es ist wichtig, die Freiheit der Patientin, ihren Rhythmus und ihre Persönlichkeit zu achten. Die Dauer des Gesprächs hängt davon ab, ob die Patientin unter Schock steht (nichts mehr wahrnimmt, nicht mehr zuhört) oder viele Fragen stellt.
  2. Aktives Zuhören: Es ist notwendig, der Patientin so gut wie möglich zuzuhören und sie bei der Äußerung ihrer Gefühle und Formulierung ihrer Fragen zu unterstützten.
  3. Die Wortwahl: Jedes Wort zählt. Die Information muss verständlich, schrittweise und unter Berücksichtigung der individuellen Anpassungsmechanismen vermittelt werden. Es ist wichtig, dass sie mehrmals wiederholt wird und in sich stimmig ist.

In der Praxis ist es der Arzt, der während eines Gesprächs die so sehr gefürchtete Diagnose ausspricht.

Der Patientin wird empfohlen, sich zu diesem Termin von einem Angehörigen begleiten zu lassen, damit dieser die erhaltenen Informationen bündeln und zwischen dem Arzt und der Patientin vermitteln kann.
Was bei diesem Termin zählt, ist nicht nur das Gesagte, sondern vor allem das Verstandene.

Am Ende des Gesprächs können der Patientin Informationsunterlagen mitgegeben werden, sowie die Kontaktdaten der Breast Care Nurse, damit sie die Möglichkeit hat, ergänzende Informationen über die weiterführende medizinische Versorgung zu erhalten.
Der Arzt kann auch ein zweites Gespräch anbieten, wenn er dies für erforderlich hält.