Was ist die Hypoglykämie?
Hypoglykämie bezeichnet alle Episoden mit niedrigem Blutzuckerwert, die den Patienten einer potenziellen Gefahr aussetzen. Sie gilt als schwerwiegend, wenn die Unterstützung einer anderen Person unverzichtbar ist.
Es gibt keinen absoluten Grenzwert für die Hypoglykämie. Doch aus praktischen Gründen wird ein Wert von 70 mg/dl oder weniger berücksichtigt, was dem Schwellenwert der Ausschüttung gegenregulatorischer Hormone bei nicht von Diabetes betroffenen Personen entspricht und die rechtzeitige Prävention einer klinischen Hypoglykämie ermöglicht.
Es gibt drei Arten von Hypoglykämie:
- Symptomatische Hypoglykämie: Typische Symptome und ein Blutzuckerwert von 70 mg/dl[1] oder weniger
- Asymptomatische Hypoglykämie: Keine Symptome, aber ein Blutzuckerwert von 70 mg/dl oder weniger[2]
- Relative Hypoglykämie: Mit einer Hypoglykämie vergleichbare Symptome, aber ein Blutzuckerwert über 70 mg/dl
Bei schlecht eingestelltem Diabetes, vor allem bei Typ 1, können die Hypoglykämie-Episoden asymptomatisch sein, weil die Wahrnehmungsschwelle unter 50 mg/dl liegt.
Bei Patienten mit Typ-1-Diabetes ist die Wahrnehmungsschwelle der Hypoglykämie niedriger (im Vergleich mit Typ-2-Diabetes). Sie sinkt mit zunehmender Dauer der Diabetes-Erkrankung, bei unzureichender Blutzuckerkontrolle, je öfter schwere Hypoglykämien aufgetreten sind und je länger die jeweilige Hypoglykämie anhält.
Die Auslöser einer Hypoglykämie
- Eine Überdosierung des blutzuckersenkenden Arzneimittels (Sulfonylharnstoffe, Insulin) oder Arzneimittelwechselwirkungen (Vitamin-K-Antagonisten, Fibrate, Benzodiazepine, Antidepressiva)
- Fehlernährung
- Außergewöhnliche körperliche Betätigung
- Stress
- Alkohol (der die Gegenregulation durch die Leber verringert)
- Lipodystrophie (wodurch sich die Insulinverteilung verzögert)
- Gastroparese (wodurch sich die Aufnahme von Kohlenhydraten verzögert)
- Begleiterkrankungen (Insulinom, begleitende Autoimmunerkrankungen, Insulinantikörper usw.)
- Verminderte Fähigkeit zur Wahrnehmung von Hypoglykämien
Die Symptome der Hypoglykämie
Die Symptome der Hypoglykämie sind individuell, spezifisch und können sich mit der Zeit verändern.
Bei einem Blutzuckerwert unter 60 – 80 mg/dl können folgende Symptome auftreten: Hunger, Übelkeit, Schwitzen, Zittern, Schwindel, Konzentrationsstörungen
Bei einem Blutzuckerwert unter 40 – 60 mg/dl kann es zu schwerwiegenderen Symptomen kommen:
- Neurologische Symptome: Parästhesien, Mydriasis, epileptischer Anfall, Aphasie, Schläfrigkeit, Koma (DD: Schlaganfall)
- Psychiatrische Symptome: Nervosität, Aggressivität, Halluzinationen (DD: Trunkenheit, Psychose)
- Kardiale Symptome: Tachykardie, Herzrhythmusstörung
Behandlung der Hypoglykämie
Wenn der Patient in der Lage ist, zu essen, muss er sich mit Zucker versorgen, d. h. 15 g Kohlenhydrate zu sich nehmen, und sich ausruhen. 15 Minuten später muss er seinen Blutzuckerwert erneut messen. Bei Bedarf muss er sich ein zweites Mal mit Zucker versorgen. Unter Umständen muss er seine Insulindosen anpassen.
Wenn der Patient bewusstlos ist, muss zwingend die 112 angerufen werden.
Bei schwerer Hypoglykämie und wenn der Patient ein blutzuckersenkendes Arzneimittel wie Langzeitinsulin oder Sulfonylharnstoffe einnimmt, ist eine stationäre Behandlung erforderlich (mindestens 24 Stunden lang), um die erforderliche Glukose-Zufuhr und Überwachung zu gewährleisten.
Probleme bei wiederholt auftretender Hypoglykämie
Bei wiederholt auftretender Hypoglykämie kann die Fähigkeit zur Wahrnehmung der Hypoglykämie vermindert sein, was zu einem Teufelskreis führt.
Bestimmte Risiken, die nicht zu unterschätzen sind, können durch eine Hypoglykämie ausgelöst werden:
- Kardiovaskuläre und neurologische Komplikationen: Herzrhythmusstörungen, epileptische Anfälle, Demenz, plötzlicher Tod
- Sturz mit Schädelhirntrauma oder Hüftfraktur
- Verschlimmerung einer retinalen Ischämie, einer proliferativen Vitreoretinopathie
- Verkehrsunfall: Mögliche Unfälle oder Führerscheinentzug
- Berufsleben: Konzentrationsmangel, häufiges Fernbleiben, Verlust der Arbeitsfähigkeit
- Familie / Bekanntenkreis: Stimmungsschwankungen und Verhaltensauffälligkeiten
Achtung: Die Einnahme der Arzneimittel sollte nicht aus Angst vor einer Hypoglykämie verringert werden!
Prävention der Hypoglykämie
Die Aufklärung des Patienten ist unverzichtbar, damit er in der Lage ist, die Symptome zu erkennen und sich richtig mit Zucker zu versorgen.
Eine kontinuierliche Glukosemessung (CGM) kann ebenfalls helfen, oder auch eine funktionelle Insulintherapie.
Die Vermeidung einer Hypoglykämie über mehrere Wochen ermöglicht die teilweise Wiederherstellung der Fähigkeit zur Wahrnehmung der Warnsignale.