Als Ergebnis Ihrer umfangreichen Forschungsarbeit haben LEBOVICI, MAZET und VISIER 1989 zwei Ebenen der Interaktion definiert:

  • die Verhaltensebene
  • die Gefühlsebene

Die Interaktionen auf der Verhaltensebene finden über das Verhalten statt. Dabei geht es um die realen Interaktionen, die durch eine Wechselwirkung zwischen dem Verhalten des Kindes und der Mutter zustande kommen. Sie bedienen sich verschiedener Ausdrucksweisen, zu denen hauptsächlich diese drei gehören: körperlich, visuell, stimmlich.

Die körperlichen Interaktionen betreffen die Art, in der das Baby gehalten, getragen, behandelt und berührt wird. Winnicott entwickelt zwei Konzepte, um die körperlichen Interaktionen zu beschreiben: Das reale und das psychische Holding (Halten), d. h. die emotionale Aufmerksamkeit, die die Mutter ihrem Baby schenkt, und die Vorstellung, die sie davon hat. Ebenso beschreibt er das Handling (den Umgang), d. h. die Art, in der das Kind von der Mutter behandelt und berührt wird.

In den ersten Augenblicken nach der Entbindung beobachtet man häufig, dass die Mutter ihr Kind zuerst mit den Fingerspitzen berührt, bevor sie es schließlich mit der ganzen Hand streichelt.

Die visuellen Interaktionen betreffen den Dialog zwischen Mutter und Kind über den Blick, den „Auge-in-Auge-Dialog“, der auch als Begegnung der Blicke oder Blickkontakt bezeichnet wird. Er stellt eine der beliebtesten Kommunikationsarten zwischen dem Kind und der Mutter dar und löst bei der Mutter Emotionen und Gefühle aus.

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Bei den stimmlichen Interaktionen handelt es sich um das Schreien und Weinen, das die erste Sprache des Säuglings darstellt. Darin kommen die Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle des Kindes zum Ausdruck. Die Stimme der Mutter gibt das Tempo der Interaktion vor, was dem Kind die Möglichkeit bietet, Situationen einzuschätzen und sich entsprechend anzupassen. Der Austausch zwischen der Mutter, die sich ihrem Baby zuwendet, und dem Schreien und Weinen des Kindes ist für den Aufbau einer ausgeglichenen Beziehung sehr wichtig.

Für BOWLBY spielen die stimmlichen Interaktionen eine wichtige Rolle für die Bindung und bilden eine Art „akustische Nabelschnur“.
Mütter sprechen vom ersten Augenblick an mit ihrem Baby, um den Kontakt zu ihm zu herzustellen.

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Die Interaktionen auf der Gefühlsebene betreffen den emotionalen Austausch zwischen Mutter und Kind. Die Fähigkeit der Mutter, Ihr Kind zu verstehen und seine Reaktionen zu deuten, gibt ihr die Möglichkeit, emotional auf es einzugehen. Die Mutter ahmt die Gefühle Ihres Babys nach oder reagiert darauf.
Nach STERN (Kinderpsychiater und Psychoanalytiker) ist diese Affektabstimmung, wie er das Phänomen bezeichnet, bereits bei den ersten Interaktionen zwischen Mutter und Säugling zu beobachten.

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Die Fähigkeiten des Neugeborenen

Dr. Marie Thirion definiert die Fähigkeiten des Neugeborenen als „psychologische und mentale Grundausstattung, die das Baby zum Zeitpunkt der Geburt mitbringt und dank derer es zur Anpassung in der Lage ist“.

Die erste Fähigkeit des Neugeborenen besteht darin, Beziehungen aufzubauen, die Gefühle der Erwachsenen anzusprechen und ihre Liebe zu gewinnen. Alles an ihm ist darauf angelegt, dass die Erwachsenen es unwillkürlich „lieben müssen“! Der treffendste Ausdruck hierfür ist Anhänglichkeit.

Im Entbindungsraum fällt auf, dass das Neugeborene nach Minuten der Erschöpfung sehr bald seine Augen öffnet und seine Umgebung intensiv betrachtet.

Unmittelbar nach der Geburt sind Babys sehr aufgeweckt – was mit den während der Entbindung freigesetzten Hormonen zusammenhängt -, und Blicke faszinieren sie.
Sie gewinnen die Liebe der Bezugspersonen, indem sie diese mit den Augen fixieren. Mütter und Väter werden von diesem intensiven Blick durchdrungen und beschreiben ihn als „unauslöschlichen Eindruck“!

Nachdem wir nun die Fähigkeiten des Neugeborenen erläutert haben, befassen wir uns mit Platz, den es in der Mutter-Kind-Beziehung einnimmt.

Es ist wichtig, die bedeutende Rolle der Psyche bei der Geburt zu berücksichtigen, denn diese ermöglicht die „menschliche Geburt“ des Kindes, die Geburt eines emotionalen Wesens.

In der Entbindungsklinik steht das Kind im Mittelpunkt der „Versorgungsmaßnahmen“, denn es ist die Person, die der Mutter und dem Vater den Zugang zur Elternschaft eröffnet.

Das Ziel der Begleitung des Kindes und der Familie durch die medizinischen Fachkräfte besteht insbesondere in der Förderung der Bindung und des Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen Eltern und Kind. Während dieser Phase der Aufmerksamkeit und der Betreuung werden die Familien unter Berücksichtigung ihrer Entscheidungen begleitet. Ihre Fähigkeiten werden anerkannt und hervorgehoben.

Es ist wichtig, auf das Wohlbefinden der Mütter zu achten, denn davon hängt die gesunde Entwicklung der Kinder ab, die ihrerseits unsere Gesellschaft von morgen bilden.