Elternwerden ist ein bewusster Schritt, der neue Verantwortungen mit sich bringt. Eine Entscheidung und ein Willensakt, deren Ausgangspunkt der Kinderwunsch darstellt, gehen ihm voraus. Woher kommt dieser Wunsch, warum möchten wir Kinder haben?

In früheren Zeiten stand die Pflicht, Erben in die Welt zu setzen, im Vordergrund. Heute wird die Elternschaft zumeist nicht mehr dem Zufall überlassen, sondern als Teil der eigenen Selbstverwirklichung bewusst herbeigeführt.

Psychoanalytiker haben nachgewiesen, dass unser Kinderwunsch mehr oder weniger bewusst seit unserer frühesten Kindheit in uns verwurzelt ist und vom elterlichen Vorbild beeinflusst wird. Er keimt in uns und wird durch unsere Erlebnisse und den damit verbundenen Erfahrungen genährt.

Infolgedessen bestimmt er, was für Eltern wir sind oder sein werden.

Doch heutzutage wird das Verhältnis von Paaren zur Elternschaft immer komplexer, da sie einem ambivalenten gesellschaftlichen Druck ausgesetzt sind, der von ihnen erwartet, eine Familie zu gründen und zugleich ein erfolgreiches Berufs- und Gesellschaftsleben zu pflegen. Der Wunsch nach einer Familie muss heute mit immer länger dauernden Ausbildungs- und Studienzeiten vereinbart werden. Später eingegangene Paarbeziehungen, späte Schwangerschaften und eine zunehmende Inanspruchnahme der medizinisch assistierten Befruchtung sind die Folge.

Auf den Kinderwunsch folgen die Schwangerschaft und schließlich die Geburt.

In dieser Phase vollzieht sich eine gewaltige Veränderung, und das Bewusstsein der Elternschaft erwacht. Die Euphorie der ersten Begegnung mit dem Baby weicht der Furcht der Eltern vor einer unruhigen Zukunft. Aus dem Wunschkind ist nämlich ein echtes Kind geworden.

Häufig ist folgender kurze Satz zu hören: „Jetzt müssen wir es sorgen.“

Das löst mitunter Gefühle von Hilflosigkeit und Zweifel aus, und eine innere Stimme flüstert:
„Sind wir der Elternschaft gewachsen?“

Tatsächlich genügt es nicht, Vater oder Mutter zu sein, es kommt absolut darauf an, Eltern dieses Kindes zu sein. Das heißt, die Elternrollen müssen definiert werden, und das Leben des Kindes muss organisiert werden, beides unter Berücksichtigung der bestehenden gesellschaftlichen Vorgaben.

Vier umfangreiche Aufgaben, die im Übrigen auch gesetzlich verankert sind, gilt es zu erfüllen: Versorgen, Lieben, Erziehen und Sozialisieren.

Im Grunde ist Elternschaft ein Weg, den wir erst dann antreten, wenn wir Eltern werden. Es handelt sich um eine Lebenskrise, eine Reifungskrise. Wir kommen nicht als Eltern zur Welt, wir werden Eltern.

Von einer biologischen Phase, der Schwangerschaft, wechseln wir folglich in eine psychologische Phase, die Tag für Tag unsere starke und unerschütterliche Beziehung zu unserem Kind vertieft.

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Nie zuvor waren Eltern so sehr wie heute darauf bedacht, ihre Elternrolle und Aufgabe als Erzieher erfolgreich zu meistern.

Sie setzen sich unermüdlich ein und bemühen sich, nicht in die Falle starrer Rollenmuster zu geraten. Deshalb gehören Ausprobieren und gelegentliche Kurskorrekturen zum Aufbau der Eltern-Kind-Beziehung, zumal diese von jedem Elternteil und jedem Kind eine individuelle Gestaltung verlangt.

Doch Elternwerden bedeutet auch, sich selbst zurückzunehmen, um die Bedürfnisse des Kindes erfüllen zu können. Für Alleinerziehende, getrennt lebende Eltern, homosexuelle Paare oder Ehepaare geht es gleichermaßen darum, zu „einem Ort der Geborgenheit und der Sicherheit“ zu werden und eine auf Zuwendung und Regeln beruhende Beziehung zu knüpfen, um das stillschweigende Gefühl der Zugehörigkeit zu einer familiären und sozialen Gruppe zu wecken.

In den Augen eines Kindes kann niemand den Platz seiner Eltern einnehmen.