Die ersten drei Monate nach der Geburt stellen eine weitgehend unbekannte Phase dar, für die es keine Bezeichnung gibt und die sowohl von den Müttern selbst als auch von den medizinischen Fachkräften kaum vorbereitet wird. Doch die Vorbereitung dieser Phase würde sich sehr vorteilhaft auswirken, nicht nur auf das Baby, sondern auch auf seine Eltern.

Wovon sprechen wir?

Die drei Quartale der Schwangerschaft wurden ausführlich erläutert, sodass sie allgemein bekannt und anerkannt sind. Die Schwangerschaft bewirkt physiologische Veränderungen und ein emotionales Auf und Ab. Doch dieser Zustand endet längst nicht mit der Geburt, im Gegenteil. Es gibt ein „viertes Quartal der Schwangerschaft“ nach der Geburt: Das Baby hat den Mutterleib verlassen, doch die Symbiose zwischen den beiden Individuen dauert noch eine Weile an.

Dieses postnatale Quartal stellt eine sehr intensive Phase für die Eltern dar. Ein neuer Rhythmus, neue Pflichten, eine neue Verantwortung, Kennenlernen des Babys und seiner Bedürfnisse, Einleitung der Laktation: Alles ist neu, selbst wenn man schon einmal Eltern geworden ist.

Frauen, die frisch entbunden haben, nehmen einen Körper wahr, mit dem sie nicht gerechnet haben. Die Befremdung angesichts ihres „postpartalen Körpers“ kann ebenso stark empfunden werden wie zuvor der Stolz auf ihren mit Leben erfüllten, runden Bauch: Ein „Übergangskörper“, der weder schwanger noch normal ist, der kaum Beachtung findet, verkannt wird und mitunter von der Betroffenen selbst herablassend beschrieben wird: Ich bin nichts als ein leerer Sack, ich bin unförmig, schlaff, kraftlos…

Erschwerend kommt hinzu, dass die Medien, die Werbung und die gesellschaftlichen Erwartungen einen glatten und straffen, alterslosen Körper propagieren, so als gäbe es keine unterschiedlichen Lebensphasen, als gäbe es nur eine einzige Art, Frau zu sein: jung, leistungsfähig, attraktiv.

Dieser Körper, der so viel geleistet hat, wird nach der Geburt zu einer neuen Baustelle. Das Ziel besteht jedoch nicht in der Rückkehr zum früheren Körper, sondern in der Herstellung eines neuen Gleichgewichts, welches das körperliche Abenteuer der Schwangerschaft und der Entbindung integriert.

Wer ist betroffen?

Natürlich die Eltern, aber auch die Begleitpersonen: Familienangehörige und Fachkräfte insgesamt

Die Fachkräfte

Für die medizinischen Fachkräfte ist es von Vorteil, dieses vierte Quartal mit allen seinen Aspekten besser kennen zu lernen. Dann können sie es gemeinsam mit den werdenden Eltern erörtern, seine besonderen Herausforderungen erläutern, respektvoll und wohlwollend über den weiblichen Körper nach der Geburt sprechen, über die großartige Leistung, die er auch in dieser Phase noch erbringt. Es ist wichtig, in diesem vierten Quartal der „Schwangerschaft außerhalb des Mutterleibes“ konkrete Unterstützung und Hilfe anzubieten. Allein die Versorgung des Babys ist mindestens vergleichbar mit einer Vollzeitbeschäftigung, die sich ungleichmäßig über den Tag und die Nacht verteilt.

Was brauchen Sie in dieser besonders intensiven Phase Ihres Lebens?

Mit Sicherheit werden junge Eltern antworten, dass sie Hilfe, Ruhe und Ermutigung brauchen. Wenn sie dabei bleiben, sind diese Bedürfnisse nichts weiter als ein frommer Wunsch. Den Eltern zu helfen, für sich zu klären, in welcher Form diese Unterstützung erfolgen kann, wen sie um unterschiedliche Dienste bitten können, stellt einen entscheidenden Schritt dar.

Eine beständigere Aufmerksamkeit und Betreuung für die Wöchnerin sind ein weiterer Aspekt der fachlichen Begleitung in der Entbindungsklinik oder nach der Rückkehr nach Hause. Die „Wiederentdeckung“ des Stillens und ein umfassenderes Wissen über die Bedürfnisse des Babys haben die Aufmerksamkeit der Fachkräfte auf das Baby gelenkt, und das ist gut so. Doch die frisch gebackene Mutter braucht ebenso Zuwendung, Einfühlsamkeit und Betreuung. In welcher Form? Sich nach ihrem Befinden erkundigen, Interesse zeigen, ihre Fragen beantworten, ihr zugestehen, dass sie Zeit braucht, um bestimmte Handgriffe zu erlernen, sie ermutigen, liegen zu bleiben, ihr anbieten, sie nach der Entbindung oder im Lauf des Nachmittags frisch zu machen…

Das familiäre Umfeld

In den letzten 20 Jahren hat sich „die Art des Umgangs“ mit einem Baby deutlich verändert. Die neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse haben bestätigt, was zahlreiche Eltern intuitiv erkannt haben: Das menschliche Neugeborene ist darauf angewiesen, eine stabile und stimmige Bindungsbeziehung aufzubauen, und passt sich leichter an, wenn es bekannte Sinneseindrücke aus dem Mutterleib wieder findet. Die intensive Nähe und Aufmerksamkeit für die Signale des Neugeborenen, das Stillen „nach Bedarf“, der Hautkontakt, all das sind „Neuerungen“, die Angehörige verwundern oder sogar konfrontieren und Fragen und Zweifel und mitunter Bedauern hervorrufen können: Ich habe all das nicht praktiziert, war ich trotzdem eine gute Mutter? Meine Tochter ist dabei, sich zu überfordern, indem sie Tag und Nacht stillt. Sie verausgabt sich zu sehr! Wenn sie wenigstens nicht stillen würde, dann könnte ich sie entlasten, indem ich gelegentlich die Flasche gebe. Zu meiner Zeit wurden wir von den Ärzten vom Stillen abgehalten, wenn ich das gewusst hätte…! Es ist nicht einfach, mit der eigenen Geschichte Frieden zu schließen, loszulassen, zu vertrauen und zuzulassen, dass die Nachfolgegeneration ihren eigenen Weg findet.

Wie ist Hilfe möglich? Durch Unterstützung des Elternvorhabens, durch Ermutigung, durch Geschenke in Form konkreter Hilfe. Jede Geburt setzt eine gewaltige soziale und familiäre Energie frei. Doch die Besuche, die unmittelbar nach der Geburt sehr zahlreich sind, lassen später nach, obwohl viele Mütter sich ein intensiveres gesellschaftliches Leben wünschen: Den Besuch einer Freundin, die eine fertige Mahlzeit zum Teilen mitbringt, Begleitung auf einem Spaziergang, einen kleinen Einkaufsbummel mit einer der Großmütter, eine Massagesitzung zuhause. Es gibt so viele Möglichkeiten, sich auszutauschen, miteinander zu teilen, sich verwöhnen zu lassen.

Wozu ist diese Auseinandersetzung gut?

Jede Frau macht nach der Entbindung eine sehr sensible Phase durch. Wenn dieser Lebensabschnitt gut vorbereitet und begleitet wird, kann seine Dauer zugelassen und sein Wert erkannt werden. Die schwierigsten Augenblicke können durch die Zuwendung und die Unterstützung der Angehörigen abgefangen und ausgeglichen werden. In einer Zeit, in der Fachkräfte angesichts der Zunahme der postpartalen Depressionen besorgt sind, stellt diese Strategie einen wertvollen Präventionsansatz dar.

Empfehlung

Die Sensibilisierung für die Bedeutung des Quartals nach der Geburt ermutigt, sich darauf ebenso vorzubereiten wie auf die Entbindung.

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