Die Ermittlung der Personen mit dem höchsten kurzfristigen Sterberisiko unter den 15 Millionen von Herzinsuffizienz betroffenen Europäern galt bisher als ziemlich schwierig. Doch dank der Studienergebnisse, die kürzlich von französischen Forschern veröffentlicht wurden, ist dieses Problem vielleicht bald Geschichte.
Wovon sprechen wir?
Herzinsuffizienz hängt zusammen mit der Unfähigkeit der Herzkammern zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden Herzzeitvolumens. Sie bewirkt Symptome in Verbindung mit:
- einer Minderdurchblutung und infolgedessen einer Sauerstoffunterversorgung der Zielorgane (z. B. Müdigkeit, Belastungsintoleranz, Schwindel, Nierenbeschwerden …) oder
- einer dem Herzen nachgelagerten Blutansammlung mit Flüssigkeitsaustritt in das Zwischengewebe (z. B. Lungenödem, Anschwellen der Beine …)
Die Ursachen der Herzinsuffizienz sind vielfältig. Hierzulande hängen sie vor allem mit der Koronaren Herzkrankheit zusammen, insbesondere nach einem Herzinfarkt. Sonstige häufige Ursachen sind Infektionen des Herzmuskels, die als Myokarditis bezeichnet werden, Erkrankungen der Herzklappen und arterielle Hypertonie.
Entscheidend bei einer Herzinsuffizienz, die nach einem Herzinfarkt entsteht, ist der Zeitraum zwischen dem Auftreten der ersten Symptome (Brustschmerzen) und der Wiederherstellung der Durchlässigkeit der für den Infarkt verantwortlichen Koronararterie. Der Eingriff muss sehr zeitnah erfolgen (innerhalb der nächsten Stunden). Andernfalls ist der Verlauf abhängig von der Größe der Narbe und von den Belastungen, denen der Herzmuskel ausgesetzt ist. Maßnahmen zur Unterstützung einer gesunden Lebensweise (salzarme Kost, regelmäßige körperliche Betätigung) sind ebenfalls unverzichtbar. Doch in vielen Fällen kommt es trotz einer konsequenten Therapietreue zu einer allmählichen Verschlimmerung der Situation bis zur terminalen Herzinsuffizienz, die zum Tod führt.
Die einzige Therapiemöglichkeit für Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz ist derzeit immer noch die Herztransplantation. Da die Anzahl der Spender sehr begrenzt ist, steht man häufig vor schwierigen Entscheidungen. Wenn wir wissen, welche Patienten das höchste Risiko eines ungünstigen Verlaufs aufweisen, könnten wir sie stärker zu einer Optimierung der medizinischen Behandlung motivieren bzw. möglichst frühzeitig an ein Herztransplantationszentrum vermitteln.
Kürzlich veröffentlichten französische Forscher in Lille die ersten Ergebnisse ihrer Studien über das Erkennen von Krankheiten mit dem höchsten kurzfristigen Sterberisiko (d. h. Krankheiten, die innerhalb von weniger als drei Jahren zum Tod führen).
An wen richten sich diese Ergebnisse?
An alle Personen, die nach einem Herzinfarkt von einer Herzinsuffizienz betroffen sind.
Welchem Zweck dienen sie?
Im Rahmen der Studien dieser französischen Forscher wurden 246 Herzinfarkt-Patienten beobachtet, um herauszufinden, ob sich ein ungünstiger Verlauf mit Entwicklung einer Herzinsuffizienz durch bestimmte Biomarker ankündigt oder nicht. Dabei handelt es sich um spezifische Moleküle (sogenannte non-coding RNA), die im Blut zirkulieren und deren genaue Funktion unbekannt ist. Unter den 30 000 untersuchten non-coding RNA wies nur eine einzige einen Zusammenhang mit einem Remodeling der Herzkammern und der Entwicklung einer Herzinsuffizienz auf. Sie erhielt die Bezeichnung Lipcar („Long Intergenic non-coding RNA Predicting Cardiac Remodeling“: Kardiales Remodeling prognostizierende, lange, nichtcodierende Ribonukleinsäure in der intergenen Region).
Anschließend bestimmten die Forscher diesen Marker bei zwei Patientenkohorten mit Herzinsuffizienz und verglichen ihre Serumkonzentration mit der Mortalität innerhalb von drei Jahren. Dabei zeigte sich, dass Patienten mit hoher Lipcar-Konzentration eine höhere Mortalität innerhalb von drei Jahren aufwiesen, und dies unabhängig von anderen kardiovaskulären Risikofaktoren.
Sollte sich Lipcar als aussagekräftig erweisen, könnte es im Bereich Herzinsuffizienz zu einem Prognose-Instrument werden. Es würde die Bestimmung der am stärksten gefährdeten Patienten und ihre gezieltere Vermittlung an die Warteliste für Herztransplantationen zulassen. Doch die Möglichkeitsform ist hier tatsächlich angebracht, solange diese Forschungsarbeiten noch nicht durch umfassendere Studien bestätigt sind. Vorläufig handelt es sich nämlich nur um eine Fährte, deren Tauglichkeit an einer viel größeren Personengruppe getestet werden muss. Die Entwicklung sollte weiterverfolgt werden.