Die Gesellschaft verlangt von Müttern, sozial akzeptierte Verhaltensweisen anzunehmen, um als gute Mütter anerkannt zu werden. Ihre Probleme im Zusammenhang mit der Mutterschaft, die meistens heruntergespielt werden, wie der Baby Blues, müssen sie häufig zurückstellen: Dabei kann es sich um sozioökonomische Schwierigkeiten handeln, wie z. B. finanzielle Sorgen, die Situation als Alleinerziehende, familiäre Isolation usw., oder psychische Probleme, ohne dass eine psychiatrische Behandlung erforderlich wäre.

Tatsächlich sieht die Gesellschaft in der Mutterschaft im Allgemeinen allein den körperlichen Aspekt der Geburt, der bedeutet, dass „aus dem Baby im Bauch ein sichtbares Baby geworden ist“. Die Vorstellung von der Mutterschaft wird häufig auf diesen Aspekt reduziert, und die emotionale und folglich psychologische Seite der Geburt wird außer Acht gelassen. Doch es ist dringend erforderlich, das emotionale Wohlergehen der Mutter und des Vaters während dieser Zeit des Übergangs zur Elternschaft zu unterstützen und zu fördern.

Um diese neue Mutter- oder Vaterrolle einnehmen zu können, sind die jungen Eltern gewiss auf die praktische Unterstützung durch Angehörige und Freunde oder medizinische Fachkräfte angewiesen, aber vor allem benötigen sie psychologische Unterstützung.

 

Welche Zustände kann eine Frau aufgrund der Schwangerschaft und der Entbindung durchleben?

Es ist wichtig, zu verstehen, wer diese Frau zu den unterschiedlichen Zeitpunkten ihrer Schwangerschaft und ihrer Entbindung ist.

Man weiß, dass im tiefsten Inneren Ihres Wesens bereits ein mentaler und psychischer Prozess im Gang ist. Die meisten vertrauen sich den medizinischen Fachkräften an.

 

Eine der ersten psychischen Eigenschaften der schwangeren Frau trägt folgende Bezeichnung:

 

Psychische Transparenz

Nach Monique Bydlowski, Psychiaterin, Psychoanalytikerin und Forschungsleiterin am INSERM (Nationales Institut für Gesundheitswesen und medizinische Forschung), „ist der Zeitraum der Schwangerschaft von einem besonderen psychischen Zustand gekennzeichnet, einem Zustand der Empfänglichkeit oder der psychischen Transparenz, während dessen Bruchstücke des Unbewussten ins Bewusstsein dringen“.

Das Phänomen, das sie damit beschreibt, besteht in der unbewussten Auseinandersetzung der werdenden Mutter mit ihrer eigenen Kindheit und der Beziehung zu ihrer eigenen Mutter. Symbolisch trägt sie durch ihr Baby das Kind, das sie selbst war, in sich. Während der zweiten Schwangerschaftshälfte konzentriert sie sich auf sich selbst und macht sich auf die Suche nach ihrem tiefen Ich. Für eine gewisse Zeit lässt ihre Vorstellung von dem Baby los, um sich mit sich selbst und ihren Wahrnehmungen zu befassen.
Auch das ist Schwangerschaft! Eine Reise zu sich selbst.

 

Die zweite auffällige Eigenschaft ist der Zustand der „primären Mütterlichkeit“.

Klinisch geht es dabei um den besonderen Zeitraum (ein paar Wochen vor und nach der Entbindung), während dessen die Mutter die Fähigkeit besitzt, „auf alle Bedürfnisse des Neugeborenen einfühlsam und liebevoll zu reagieren.“ (Winnicott). Sie versteht und deutet alle von ihrem Baby ausgesendeten Signale mit äußerster Genauigkeit.

Schauen wir uns an, was während der Entbindung und während der Geburt geschieht.

In der allgemeinen Vorstellung werden Entbindung und Geburt häufig als Synonyme verstanden. Doch es besteht ein Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen.

Im Lexikon „Le Robert“ wird der Begriff Geburt (naissance) folgendermaßen definiert:

„Beginn des unabhängigen Lebens (durch Einsetzen der Lungenatmung), Zeitpunkt, zu dem der Fötus aus dem mütterlichen Organismus ausgetrieben wird“.

Die Definition des Begriffs Entbindung (accouchement) im Petit Robert lautet so:

„Vorgang des Entbindens, Austritt des Kindes aus dem Körper seiner Mutter“ – „Medizinische Handlung zur Unterstützung der Frau, die entbindet“

Wie wir feststellen, wird im Zusammenhang mit der Geburt mehr über das Kind gesprochen, während bei der Entbindung der Körper der Mutter im Vordergrund steht.

Selbst wenn die Definitionen dieser beiden Begriffe einander ähneln, sind die beiden Vorgänge nicht zwangsläufig deckungsgleich, obwohl sie miteinander verbunden sind. Es kann eine Entbindung ohne Geburt geben, wenn die Mutter ihrem Baby nicht die Zuwendung, Geborgenheit und psychische Anerkennung gibt, die es braucht.

Im Mutterleib ist das Baby geschützt, in Sicherheit, und alle seine Bedürfnisse werden erfüllt, sowohl die körperlichen als auch die psychischen.

Eine Geburt findet statt, wenn das Baby dieselbe emotionale und körperliche Sicherheit fühlt wie im Mutterleib, und dies ab den ersten Augenblicken nach der Entbindung.

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Wenn die junge Mama ihrem Baby die körperliche und psychische Geborgenheit schenkt, die es braucht, führt die Entbindung des Kindes zur Geburt eines Menschen, d. h. eines empfindsamen Wesens.

Das Baby befindet sich in Interaktion mit seinem Umfeld (Vater, Mutter, Familie).

 

Die Klinik Bohler bietet Ihnen Gelegenheit zum Gespräch mit einer Hebamme, der sie die Gefühle, Zweifel, Bedenken und Schwierigkeiten, die während Ihrer Schwangerschaft auftreten, mitteilen können. 

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